Im Herzen des 19. Jahrhunderts verändert ein avantgardistischer Ingenieur den Lauf der Geschichte. Unter der kühnen Leitung von Guillaume-Henri Dufour entstand der erste topografische Plan der Schweiz im Maßstab 1:100 000. Als Ergebnis einer bemerkenswerten Arbeit revolutionierte er die Welt der Wissenschaft, der Armee und der Verwaltung. Ich stelle Ihnen die Geschichte der Dufourkarte, der Mutter der Karten des Bundes, vor.
Guillaume-Henri Dufour : Schöpfer des ersten topografischen Plans der Schweiz
Alles beginnt, als Guillaume-Henri Dufour 1832 zum Generalquartiermeister der Schweizer Armee ernannt wird. Schon seit mehreren Jahren plante die Schweiz, die topografische Abdeckung ihres Territoriums zu vervollständigen. Die Kantone bemühten sich, jeder für sich, möglichst genaue Pläne zu erstellen. Doch die Untätigkeit der einen bremst den Eifer der anderen. Ohne einen Anführer gerät das Projekt ins Stocken.
Guillaume-Henri Dufour wurde zu seinem neuen Posten befördert und erhielt den Auftrag, die erste topografische Karte der Schweiz im Maßstab 1:100 000 fertigzustellen. Zu diesem Zweck gründete er bereits 1838 in Carouge ein topografisches Büro, das ihm den notwendigen Rahmen für die Durchführung der geplanten Operationen bot. Er schuf die Voraussetzungen für seinen Erfolg und umgab sich mit talentierten und entschlossenen Mitarbeitern. Sie waren Wissenschaftler, Topografen und Kupferstecher, die sich alle für die Erfüllung ihrer Aufgaben einsetzten.
Die Geburt der Dufourkarte : Johannes Eschmann erobert die Schweizer Alpen
Der Astronom Johannes Eschmann führt in seinem Team die erste Triangulation der Schweizer Landmasse durch, die Voraussetzung für jede topografische Vermessung ist. Dieses erste Netz ermöglicht es, die kantonalen Daten in einem Gesamtplan zusammenzufassen. Als Bezugspunkte für die Projektionen wählte das Team den Niton-Stein, der aus dem Genfer Genfer See ragt, und den Gipfel des Chasseral im Berner Jura, der damals auf eine Höhe von 1610 m geschätzt wurde. Getragen von ihrem starken Willen mussten die Ingenieure nun alle Teile der Alpen mit einer Kette von Punkten verbinden. Selbst die unzugänglichsten Gebiete, selbst die Gipfel, die noch nie zuvor von Menschen bestiegen worden waren.
Die Topografen verließen Genf mit der Postkutsche, um in die höher gelegenen Gebiete zu gelangen. Zu dieser Zeit gab es noch keine Eisenbahn! Dann müssen sie klettern, wieder und wieder, über Schnee, Eis und instabiles Gestein triumphieren, Flüsse und Wälder zähmen. Die Topografen müssen sich auch mit Menschen, Räubern und Bauern herumschlagen, die ihre Durchquerung nicht gerne sehen. Sie sind echte Pioniere, die sich in unerforschtes Land wagen und ihre Messgeräte unermüdlich mit sich führen. Sie sind ständig unterwegs, um den richtigen Ort für neue Punkte zu finden.
Am Theodolit messen Ingenieure die Winkel, die sie benötigen, um in ihrem Unternehmen voranzukommen. Diese Arbeiten dauern oft viele Stunden. Bei eisigen Winden und undurchsichtigem Nebel ist es für sie unmöglich, ihre Berechnungen durchzuführen. Also zelten sie, wo sie nur können. In Ermangelung von Hütten, die erst Jahre später vom Schweizer Alpenverein gebaut werden, haben sie nur ihr Zelt oder Almscheunen als Unterschlupf.
Dann, wenn ihre Aufgabe erfüllt ist, kehren diese tapferen Männer, die die Alpen vor den Bergsteigern erobert haben, nach Genf zurück. Zwei dieser Helden verloren ihr Leben: Pierre Gobat, der 1832 auf dem Säntis vom Blitz getroffen wurde, und Peter Anton Glanzmann, der 1845 in den Bündner Alpen einem Absturz erlag. Doch abgesehen von diesen Tragödien ist das Dufour-Team stolz darauf, zur Entstehung einer außergewöhnlichen Karte beigetragen zu haben. Und bereits 1840 veröffentlichte Johannes Eschmann die Ergebnisse der trigonometrischen Vermessungen in der Schweiz und schloss damit die erste Etappe dieses Mammutprojekts ab.
Die Geschichte der Dufourkarte : Entstehung einer bemerkenswerten topografischen Karte
Auf der Grundlage dieser Arbeiten machten sich die Ingenieure daran, das geodätische Referenzsystem zu entwickeln, auf dem einige Jahre später die Dufourkarte basieren sollte. Wie eine Spinne hat die Schweiz nun die wichtigsten Fäden für ihr Netz gesponnen. Nun muss sie die Maschen dieses Netzes noch enger knüpfen, um endlich eine zuverlässige Karte zu erhalten. Diese sekundäre Triangulation wird von den kantonalen Topografen durchgeführt, während sich die eidgenössischen Ingenieure auf die Berggebiete konzentrieren. Mit den Koordinaten in der Hand nimmt die Leinwand Gestalt an.
Parallel dazu beginnen im ganzen Land die topografischen Messungen mit der Planchette: 1:25 000 im Jura, im Mittelland und im Südtessin, 1:50 000 in den alpinen Sektoren. Auch hier sind die Kantone gefordert, und viele führen die Aufnahmen auf ihrem Gebiet durch. Nur der Alpenraum wird vom Bund gerastert. So vermessen Isaac Christian Wolfsberger und seine Mitarbeiter des topografischen Büros ab 1839 die Freiburger, Waadtländer, Berner und Walliser Alpen. In der warmen Jahreszeit gehen sie in die Berge und zeichnen mit Bleistift auf Planchetten, die jeweils 400 bis 500 Punkte umfassen. Im Winter wird dann im topografischen Büro die Karte bereinigt. Wolfsberger, ein guter Beobachter und talentierter Zeichner, leitete damit eine neue Ära der Alpenkartografie ein. Seine Kollegen ließen sich von seinen Vermessungen inspirieren, da ihre Klarheit so bemerkenswert war.
Die Dufourkarte : Meisterwerk eines genialen Ingenieurs
Bereits in den ersten Stunden dieses gewaltigen Projekts legte Guillaume-Henri Dufour den Rahmen fest, in dem sich seine Karte bewegen sollte. Die Karte sollte eine Fläche von 350 x 240 km abdecken, die er in eine bestimmte Anzahl von zu erfassenden Gebieten unterteilte. Sobald sie im topografischen Büro eintrafen, legte Dufour großen Wert darauf, jede Originalaufnahme persönlich zu kontrollieren, bevor er sie an seine Teammitglieder weitergab. Die Zeichnungen wurden dann mit einer Stahlfeder bereinigt und in den Maßstab 1:100.000 umgewandelt.
Unter der Leitung der renommierten Graveure Rinaldo Bressanini und Heinrich Müllhaupt werden die Pläne dann in Kupferplatten gestochen. Anschließend wurden sie in einer Tiefdruckpresse gedruckt. Hier kommt Dufours Genie zum Tragen, seine unnachahmliche Handschrift. Während viele Karten zu dieser Zeit die Landschaften in einer vertikalen Beleuchtung darstellen, die wenig Platz für die Reliefs lässt, hebt Dufour die Alpen durch eine schräge Beleuchtung hervor. Die auf den Geländeaufnahmen gezeichneten Höhenlinien verschwimmen dabei zugunsten von Schattenschraffuren. Die Reliefs scheinen plötzlich aus der dreidimensionalen Karte hervorzutreten. Dieses spektakuläre Ergebnis ist der letzte Schliff, der Dufours Werk zu einem wahren Meisterwerk macht.
Die Dufourkarte : Veröffentlichung der ersten topografischen Karte der Schweiz
Die ersten Probedrucke der Blätter XVI und XVII kamen 1842 in Genf heraus. Jeder einmal reproduzierte Kartenabzug wird vor dem endgültigen Druck noch einmal überprüft und korrigiert. Der topografische Plan der Schweiz wurde schließlich zwischen 1845 und 1865 in einer Auflage von fast 58 000 Exemplaren veröffentlicht. Schon kurz nach dem Erscheinen der Karte hagelte es Kritik in der Presse. Die große Mehrheit der Öffentlichkeit nahm das Werk jedoch begeistert auf. Die ersten Eindrücke sind wunderbar, das Relief ist überwältigend. Als 1865 alle Blätter fertiggestellt waren, wurde ihnen ein ganzer Atlas in gebundener Ausgabe gewidmet.
1866 folgte Oberst Hermann Siegfried Dufour als Leiter des Bundesamtes und des topografischen Büros. In den folgenden Jahren werden immer wieder Ergänzungen an der ursprünglichen Karte vorgenommen. Und zwischen 1870 und 1926 wird ein neues Werk veröffentlicht. Dieser topografische Atlas der Schweiz wird später den Namen Siegfriedkarte erhalten. Für militärische Zwecke wird dem Ganzen ab 1936 ein Kilometerraster hinzugefügt, und bis 1939 folgen weitere Aktualisierungen. Im Laufe der Zeit wird der Kupferstich durch die Lithografie und später durch den Offsetdruck ersetzt. Im Laufe der Jahre wurde die Landeskarte mit neuen Details versehen, doch die erhabene Samtheit des ursprünglichen Kupferdrucks wurde nie wieder erreicht.
Guillaume-Henri Dufour: Hommage an einen Helden der Schweizer Eidgenossenschaft
Das Werk von Guillaume-Henri Dufour brachte ihm sowohl in der Schweiz als auch in der ganzen Welt Lob ein. Sie katapultierte das Land an die Spitze der Kartografie. Diese erste offizielle Karte, die das Land vollständig abdeckt, ist zeitgleich mit der Entstehung des modernen Bundesstaates entstanden. Sie ist sein erstes Bild und sein höchstes Symbol. Sie verkörpert die nationale Einheit der Schweiz und lässt die Unterschiede zwischen den Kantonen in den Hintergrund treten.
Die Dufourkarte erhält mehrere internationale Auszeichnungen. Im Jahr 1855 gewann sie an der Weltausstellung in Paris die Goldmedaille für die Landeskarte. Die schönste Auszeichnung kommt jedoch 1863, als der Bundesrat beschließt, das Gornerhorn nach seinem Helden umzubenennen. Aus dem Berg wird die Dufourspitze. Mit seinen 4633 m Höhe dominiert er die Schweizer Alpen als Hommage an denjenigen, der sie am besten zu repräsentieren wusste.
Seit ihrer Veröffentlichung wurden Dufours Arbeiten zu einem wertvollen Werkzeug für die Schweizerische Eidgenossenschaft. Seither haben sich natürlich die Verfahren weiterentwickelt, die Messungen verfeinert und die Technologie die Welt der Kartografie revolutioniert. Doch die Dufourkarte ist nach wie vor ein wertvolles Zeugnis der damaligen Schweiz. Sie zeigt Dörfer, die heute nicht mehr existieren, und den Rückgang zahlreicher Gletscher. Einige Berge wurden seither umbenannt. Straßen wurden gebaut und das Eisenbahnnetz ausgebaut. Die Dufourkarte vermittelt uns ein genaues Bild der Schweiz an der Schwelle vom 19. zum 20. Jahrhundert und zeigt uns die wichtigsten geografischen, demografischen, technologischen und kulturellen Entwicklungen eines Gebiets auf. Und wenn Sie plötzlich Lust haben, die Karte zu durchstöbern, ist sie jetzt digitalisiert und auf der Website der Schweizerischen Eidgenossenschaft für die breite Öffentlichkeit zugänglich.