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Porträts von Bergen

Geschichte des Eigers Mythischer Riese der Berner Alpen

Geschrieben von Thomas Crauwels
Eiger - Berner Alpen

Der Eiger. Dieser Name klingt in uns wie der eines legendären Helden. Eines unerreichbaren Berges, eines unerbittlichen Gipfels. Der Eiger ist jedoch weder der höchste noch der stärkste Gipfel auf Grindelwald. Warum ist er dann so faszinierend? Hier erzähle ich Ihnen die Geschichte des Eigers, des mythischen Riesen in den Berner Alpen.

Die Geschichte des Eigers: Die Geburt eines Giganten aufOberland bernois

Blick vom Gipfel des Eiger

Der Eiger wird eines Tages aus den helvetischen Tischdecken geboren. Als zu Beginn der Zeitrechnung gefaltetes und aufeinander geschichtetes Sedimentgestein die Alpen vom Unterwallis bis zum Säntis formte. Aus diesen Umwälzungen ragt der Eiger hervor, der um jeden Preis den Himmel erreichen will. Doch trotz seiner Kühnheit und seines Willens gelingt es ihm nicht, sich auf über 4000 Meter zu erheben. Und zu allem Unglück droht sein brüchiges Kalkgestein jeden Moment zu Staub zu zerfallen.

Aber nach so vielen Anstrengungen, aus dem Boden zu wachsen, will sich der Berg auf keinen Fall damit abfinden, im Schatten seiner Brüder zu leben. Also leistet er Widerstand und wetteifert um Einfallsreichtum. Da er nicht in den Pantheon der Alpen aufsteigen kann, wird er auf seine Weise zur Legende werden. Zunächst einmal braucht er einen Namen, der seiner Stellung würdig ist. Eiger, "großer Stachel" oder "hohe Spitze", klingt wie der Ruf eines furchterregenden Unholds. Dann muss er seine Statur pflegen. Der Eiger, der Grindelwald dominiert, breitet seine Kanten und Flächen aus, bis er sich auf 3967 Metern Höhe erhebt.

Da sein Gestein weich ist, schützt er es mit einer schimmernden Rüstung. Der Eigergletscher und die Gletscher von Ischmeer und Challifirn bedecken nun seine Flanken wie ein Emblem seiner Macht. Schließlich kann der Eiger den Jahrhunderten und Winden nicht allein trotzen. Deshalb vereint er sich mit seinen übergroßen Nachbarn, dem Mönch und der Jungfrau, zu einem himmlischen und uneinnehmbaren Triptychon, das weit über die BernerOberland hinaus strahlt.

Dann kommt die Stunde der Männer und ihrer Eroberungen. Die Stunde der Wahrheit für den Berg. Kann sich der Eiger gegen sie behaupten? Dann zeigt er den Bergsteigern seinen größten Trumpf. Seine unerbittliche Nordwand. Steil, manchmal sogar überhängend, zieht sie sich über 1600 Meter in die Höhe und zerbricht die Hoffnung der Mutigsten. Der Eiger gehört vielleicht nicht zu denjenigen, die die 4000-Meter-Marke überschreiten, aber er hat zweifellos eine der drei größten Nordwände der Alpen. Genau wie das Matterhorn und die Grandes Jorasses, fordert er jeden heraus, sich gegen ihn durchzusetzen. Auch der Eiger ist zu einem Riesen geworden und spielt mehr denn je in der Liga der Großen mit.

Die Geschichte des Eigers: Eroberung des Berges durch Bergsteiger

Jahrhundertelang bleibt der Eiger unbesiegbar. Bis zu jenem Sommertag, an dem Charles Barrington zusammen mit den Bergführern Christian Almer und Peter Bohren das Unmögliche möglich macht. Am 11. August 1858 gelang ihm die Erstbesteigung des Eigers über seine Westflanke. Im Jahr 1864 wiederholte Lucy Walker das Kunststück an der Seite ihres Bergführers Melchior Anderegg. Damit war sie die erste Frau, die den Eiger bezwang.

Danach wurde der Berg von allen Seiten bestiegen. Am 14. Juli 1871 wurde der Südwestgrat des Berges von Menschen betreten. W.A.B. Coolidge und Meta Brevoort kletterten mit ihren Bergführern über den Gipfel und stiegen anschließend über den Normalweg an der Westwand ab. Im selben Jahr gelang Christian Almer die erste Durchquerung des Eigers. Die Zeit verging und erst am 10. September 1921 gelang einer Seilschaft der erste Triumph über den Mittellegigrat. Der japanische Bergsteiger Yuko Maki schrieb mit seinen Bergführern Fritz Amatter, Fritz Steuri und Samuel Brawand im Nordosten des Eigers Geschichte.

Besteigung der Eiger-Nordwand: Kampf der Giganten in den Berner Alpen

Aber man kann nicht über den Eiger sprechen, ohne seine Nordwand zu erwähnen. Unermesslich, monumental und gnadenlos. Zusammen mit der Nordwand des Matterhorns und den Grandes Jorasses bildet sie eine unumgängliche Triade. Die drei größten Nordwände der Alpen. Am 24. Juli 1938 schlossen sich die deutschen Bergsteiger Anderl Heckmair und Ludwig Vörg mit den Österreichern Heinrich Harrer und Fritz Kasparek zusammen. Nachdem alle vier eine Lawine in der Weißen Spinne überlebt haben, beschließen sie, ihre Kräfte im Angesicht des Berges zu bündeln. Gemeinsam gelingt es ihnen, eine Meisterleistung zu vollbringen. Gemeinsam gelingt ihnen die Erstbesteigung der Eiger-Nordwand. 1949 schreibt Anderl Heckmair in seinem Buch In den Alpen Folgendes über seinen Sieg: "Je härter der Kampf und je größer die Gefahr, desto wertvoller und schöner ist die Belohnung." Sie ist sogar außergewöhnlich. Ihre Leistung erfährt eine sofortige und beträchtliche Resonanz. Die Neue Zürcher Zeitung spricht in ihrer Abendausgabe am 25. Juli 1938 bereits von einer "Herausforderung an den Himmel". Die Zeitung befürchtete auch, dass Heckmairs Seilschaft den Weg für eine hemmungslose Rekordjagd geebnet hatte, die manchmal mit dem Risiko eines verhängnisvollen Horizonts einherging.

Denn die Eiger-Nordwand, Schauplatz der unglaublichsten alpinen Erfolge, ist auch der Ort der schlimmsten Tragödien. Eine der einschneidendsten ereignete sich 1936, als Toni Kurz, Andreas Hinterstoisser, Edi Rainer und Willy Angerer bei dem Versuch, sie als Erste zu besteigen, ums Leben kamen. Die Eiger-Nordwand forderte ihren Mut, wie den vieler anderer auch. Aber lassen Sie uns unsere Wunden lecken und es dabei belassen. Denn die Geschichte der Eigerbezwingung werde ich Ihnen in einer anderen Erzählung ausführlich darlegen.

Eiger Sonnenuntergang
Erinnerung an meine Eigerbesteigung bei Sonnenuntergang

Geschichte des Eiger: Das Hochgebirge zwischen Licht und Schatten

Der Eiger hat sich einen Namen gemacht. Als unumgängliches Etappenziel der Jungfraubahn bietet er Bergsteigern unvergessliche Überquerungen. Doch trotz seiner Größe und seines Umfangs bleibt er zerbrechlich. Sein Eispanzer bekommt nach und nach Risse. Sein Fels bröckelt und wird instabil. Am 14. Juli 2006, als der untere Gletscher von Grindelwald gerade dabei war, zu verschwinden, brach am Fuß des Osthangs des Berges ein riesiger Felsblock zusammen. Mit einer Höhe von 30 m und einem Volumen von 200 000 m3 kündigte er einen Regen aus kleineren Steinen an, die ihren Weg an der Flanke des Eigers fortsetzten. Der einst als unbezwingbar bekannte Gipfel bekommt die wärmeren Zeiten mit voller Wucht zu spüren.

Aber wir sollten uns den Eiger als einen Riesen vorstellen. Als scharfen Gipfel, der in den Himmel zeigt, um stolz seine Kraft und Schönheit zu verkünden. Das Bild des Eigers, das der Maler Maximilien de Meuron ins rechte Licht gerückt hat. Auf seinem Werk kontrastiert der vom Schnee gebleichte Eiger wunderbar mit dem Tal. Es ist, als hätten die Alpen zwei fabelhafte, unversöhnliche Welten hervorgebracht. Eine aus fruchtbarer Erde und eine aus Eis. Eine pulsierende und eine atmende Welt. Eine Welt des Lebens, des Fleisches und des Blutes. Die andere aus Ruhe, rein und absolut. Wie das Yin und das Yang einer einzigen Realität. Es liegt also an uns, den Schritt durch den Spiegel zu wagen.

Die Geschichte des Eigers, der ständig zwischen Licht und Schatten schwankt, zieht unsere Herzen in ihren Bann. Eines Tages die Flanken und Kämme dieses mythischen Riesen zu besteigen, bleibt das Ideal vieler Bergsteiger. Und ich werde nie müde, diesen Helden des Triptychons der Berner Alpen zu fotografieren.

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