Der Lyskamm fasziniert mich. Als Gigant aus Fels und Schnee thront er im Tal von Zermatt und überragt die Alpen auf einer Höhe von über 4000 Metern. Seine Nordwand ist riesig und märchenhaft und lässt unseren Blick zum himmlischen Horizont schweifen. Sie ist mit Seracs gespickt und scheint unüberwindbar. Doch wenn das Wetter mitspielt, gelingt erfahrenen Bergsteigern manchmal das Undenkbare. Diese Wand zu erklimmen, wie über eine Mauer zu triumphieren, eine Zitadelle aus einer anderen Welt. Auch ich habe den Gipfel erreicht, aber über seine Kanten. Ein Wettlauf zwischen Himmel und Erde, bei dem die kleinste Unachtsamkeit zum Verhängnis werden kann.

Ich habe diese Schwarz-Weiß-Fotografie von Lyskamm als eine Hommage an den Berg und den Grenzgletscher gemacht. Einer der schönsten Gletscher der Alpen, der an der Grenze zwischen der Schweiz und Italien am Fuße des Monte-Rosa-Massivs entspringt. Man kann sich am Horizont seine glitzernde und dichte Quelle vorstellen, wo der Corno Nero, die Ludwigshöhe und die Parrotspitze auftauchen.

An diesem Tag ergriff ich die Chance, den Lyskamm von seiner schönsten Seite zu verewigen. Als sich der Sturm entfernte, erfasste ein Wolkenmeer die Alpen und drängte in das Tal von Zermatt. Doch der Lyskamm und der Grenzgletscher widerstehen diesem grauen Ansturm und schießen in den Himmel. Sie formen die göttlichen Züge eines Reiches, von dem man glaubt, dass es ewig währt. Doch die Alpen erweisen sich als immer zerbrechlicher. Die Alpen, die immer noch so grandios sind und mir so sehr am Herzen liegen, leiden nun unter der globalen Erwärmung. Aus diesen Turbulenzen entstehen neue Landschaften. Das Hochgebirge verändert sich und meine Werke zeugen von dieser Entwicklung.