Zu Beginn des Herbstes kündigt das Echo der wütenden Winde das Entstehen eines legendären Gemäldes an. Der Sturm tobt auf dem Gipfel des Mont Blanc, als das schwer fassbare Gerücht eines bevorstehenden Wunders in die Alpen dringt. Die Natur hört mit ihrem ohrenbetäubenden Lärm auf und flüstert. Der Fels bebt, der Schnee kribbelt. Die Alpen warten auf die Bewegungen des Himmels und halten den Atem an. Plötzlich kommt die Stunde des Wunders. Der Vorhang hebt sich über dem Mont-Blanc-Massiv. Zwischen Erde und Himmel betritt der Berg die Bühne, beleuchtet vom warmen Schein der aufgehenden Sonne. Im Rhythmus seiner Kämme und scharfen Spitzen erzählt er uns seine Geschichte. Die schwindelerregende Geschichte einer jahrtausendealten Welt, in der Titanen aus Fels gegen die Sterne antreten. Wo die Elemente aufeinanderprallen und die Natur lodert, unzugänglich für den Menschen, ewig unbezwingbar.

Getragen von diesem wunderbaren Schauspiel, fliegt unser Blick weiter, um der Ostseite des Mont-Blanc-Massivs zu begegnen. Unsere Reise beginnt auf der rechten Seite des Bildes, auf dem Gipfel des Mont-Blanc-du-Tacul. Von den Aiguilles du Diable aus erreichen wir dann den Mont Maudit, der den Himmel mit seinem unheilvollen Horn bedroht. Der beeindruckende und erhabene Kuffner-Grat zeichnet das Profil dieses fabelhaften Gipfels. Unsere Schritte führen uns dann zum Gipfel des Mont Blanc, der für diesen Anlass in ein königliches Gewand gekleidet ist. Der Schnee bedeckt ihn mit einem glitzernden Samtmantel, während eine linsenförmige Wolke ihm eine faszinierende Krone aufsetzt. Unser Epos endet auf der Aiguille blanche de Peuterey und entlang des Integral de Peuterey, dem längsten Grat der Alpen.

Bei Tagesanbruch scheint die Welt der Höhen aus dem Chaos wieder aufzuerstehen. Die wilden, kristallklaren Berge entfalten ihre gigantischen Schatten und zeigen ihre tiefen Spalten und fordern jeden heraus, der sie bezwingen will. Im Herzen des Mont-Blanc zeigen Kolosse aus Fels und Eis ihre Macht. Doch kaum weht diese märchenhafte Luft in unsere Herzen, kaum genießen wir die Pracht der Alpen, ist die Szene auch schon wieder vorbei. Ein flüchtiges Meisterwerk einer meisterhaften Natur. Einige Sekunden der Unendlichkeit, bevor die Wolken wieder über das Mont-Blanc-Massiv ziehen. Der Vorhang fällt über den Alpen, doch der Augenblick lebt für immer in diesem einzigartigen und prächtigen Werk weiter.