Aus dem betörenden Nebel taucht plötzlich das Weisshorn auf. Dominierend über die Kaiserkrone von Zinal, erhebt es sich gigantisch zwischen dem Zermatter Tal und dem val d’Anniviers. Seine imposante Silhouette ist eine großartige Kreatur und prägt die Schweizer Alpen in ihrer ganzen Pracht. Als Held der Fotografie bewegt sich sein Nordgrat zwischen Licht und Schatten und enthüllt so zwei Teile ein und derselben Realität. Denn aus Schwarz und Weiß ergeben sich alle Nuancen einer Natur, die in voller Blüte steht. Ungestüme Gelassenheit, wo aus der Kraft die Sanftheit hervorgeht. Das Hochgebirge in seiner ganzen Reinheit.

Mitten im Winter 2017 mache ich mich auf den Weg zum Weisshorn. Während der Sturm die Gipfel mit Schnee bedeckt hat und der Wind immer noch tobt, schnalle ich mir meine Tourenski an und packe meine Ausrüstung zusammen. Der Berg ruft mich. Von der Station Saint-Luc aus erreiche ich den Gipfel des Bella Tola auf 3025 m Höhe. 1400 Meter Höhenunterschied und mehrere Stunden Wanderung, während der ich träume. Von dieser legendären Pyramide, von ihren inspirierenden Umrissen. Ich träume davon, dass es mir gelingt, sie jenseits der Wolken zu verewigen. Und als ich endlich den Gipfel der Bella Tola erreiche, geschieht das Wunder. Das Weisshorn, das mit seiner scharfen Spitze den Himmel durchschneidet, offenbart mir seinen makellosen Schmuck, der in der Sonne glitzert. Zu seiner Linken steht der berühmte Bishorn , der ihm mit seiner kolossalen Flügelspannweite zur Seite steht. Die Alpen bieten mir in diesem Moment ein atemberaubendes Schauspiel.

Als junger Bergfotograf machte ich eines meiner ersten Porträts vom Weisshorn. Und eines meiner beeindruckendsten. Im Angesicht des Berges schweift unser Blick über den Nordgrat, über Fels, Schnee und Gletscher, über den großen Gendarmen bis hin zum Himmel. Als ich dieses Bild schoss, hatte ich diese sagenhafte Strecke noch nicht zurückgelegt. Ich ließ meiner Fantasie freien Lauf: Würde ich eines Tages zu denjenigen gehören, die den Gipfel des Weisshorns betreten? Würde ich dieses außergewöhnliche Abenteuer erleben? Seitdem hatte ich das Glück, diesen unglaublichen Aufstieg zu machen. Und ich werde nie müde, diesen wunderbaren Berg zu betrachten, zu durchwandern und zu fotografieren.